„Wir haben schon lange vor den Folgen der Krisen und Teuerungen im Wohnungsneubau gewarnt, das Ergebnis schlägt sich nun nieder“, stellt Johannes Wild, Obmann der Fachgruppe Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ), fest.
Von der WKÖ wurden in Zusammenarbeit mit EXPLOREAL wieder die aktuellen Daten zu den in der Pipeline befindlichen Wohnbauprojekten in Niederösterreich 2025 erhoben. In der von der WKÖ beauftragten Studie erhebt das Unternehmen alljährlich in Niederösterreich die Zahlen zu den aktuellen Wohnbauprojekten. Insgesamt hat man für das Bundesland heuer 820 Projekte mit rund 20.000 Wohneinheiten ausgewertet, die in den Jahren 2023 bis 2025 errichtet wurden bzw. werden.
„Die im Auftrag der WKÖ durchgeführte Studie gibt jedes Jahr eine gute Übersicht über den Markt und die Wohnsituation im Bereich der neu errichteten oder auf Neubauniveau sanierten Wohneinheiten in Niederösterreich und bietet alljährlich eine wertvolle Grundlage für die Prognosen am niederösterreichischen Immobilienmarkt“, erklärt Johannes Wild, Obmann der Fachgruppe (FG) Immobilien- und Vermögenstreuhänder der WKNÖ und stellvertretender Obmann im Fachverband Immobilien der WKO.
Wild: Bauleistung in gemeinsamer Hand
„Gemeinnützige Bauträger haben in Niederösterreich die Nase beim Wohnbau mit 55 Prozent zwar vorne, aber mit 45 Prozent Neubauleistung ist die gewerbliche Immobilienwirtschaft in Niederösterreich maßgeblicher Partner für die Wohnraumversorgung“, so Wild weiter: „Überwiegend bauen wir davon freifinanziertes Eigentum.“
Alexander Bosak, Geschäftsführer von EXPLOREAL, beschreibt die durchschnittliche niederösterreichische Wohnneubaueinheit „mit rund 74 Quadratmetern, damit liegen wir deutlich vor der Bundeshauptstadt. Auch Reihen-, Doppel- und Einfamilienhäuser werden in Niederösterreich aufgrund der Nachfrage gewerblich errichtet.“ Weiters führt Bosak aus, „dass die höchste Neubautätigkeit regional betrachtet in St. Pölten (Stadt), gefolgt vom Bezirk Tulln, stattfindet. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl (pro 100.000 Einwohner) sieht das Ranking anders aus: Hier reiht sich Wiener Neustadt (Stadt) noch vor St. Pölten (Stadt) ein, auf Platz drei liegt Krems (Stadt).“
Bosak: „Wohnungsneubau sinkt 2025 um 40 Prozent!“
„Die Zahl der prognostizierten Fertigstellungen für Niederösterreich liegt heuer bei rund 3.700 Wohneinheiten, was einem signifikanten Rückgang von rund 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht,“ betont Bosak: „ Im Folgejahr 2026 prognostizieren die derzeitigen Zahlen einen weiteren Rückgang auf 3.400 fertiggestellte Wohnungen für Niederösterreich.“
Wild: „Massiver Einbruch nach Rekordjahren keine Überraschung!“
Für FG-Obmann Johannes Wild sind die rückläufigen Zahlen im Wohnungsneubau keine Überraschung. „Wir haben schon lange vor den Folgen der Krisen und Teuerungen im Wohnungsneubau gewarnt, das Ergebnis schlägt sich nun nieder“, weiß Wild: „Dass es nach Rekordjahren im Wohnungsbau zu einer Normalisierung im Niveau kommt, war absehbar, dass die Zahl der neu errichteten Einheiten so massiv nach unten sinkt, ist das Ergebnis von Teuerungen und fehlenden, bundesrechtlichen Rahmenbedingungen für den gesamten Immobiliensektor.“
Der Fachgruppenobmann erörtert: „Dass nach Turbowohnbaujahren ein Einbruch kommt, ist im Rahmen. Der tiefe Fall nach unten kann durch die Schaffung zeitgerechter und effizienter Normen im Wohnbau aber gestoppt werden. Es gibt zahlreiche Wohnbau- und Sanierungshürden für alle Bauträger.“ Vereinfachungen im Normendschungel, etwa durch eine Gebäudeklasse E, Sanierungsturbos durch Fördersicherheit und Adaptierungen im Mietrecht sowie deutliche Finanzierungserleichterungen statt Hürden im Wohnbau, wären rasch umsetzbar und eine deutliche Ankurbelung.
Wild: Ende der KIM-Verordnung ein großer Erfolg, aber nur ein erster Schritt
„Die KIM-Verordnung und damit die Hürde für Jungfamilien, Eigentum zu erwerben und eigenes Vermögen langfristig aufzubauen, ist aufgrund unseres intensiven Einsatzes als Interessenvertreter endlich gefallen“, so Wild: „Auch wenn die Verordnung erst im Juni ausläuft, merken wir, dass der tote Markt langsam wieder in Bewegung kommt. Hier hat vielen gewerblichen Bauträgern in der Vergangenheit wesentliches Kapital gefehlt, um neue Projekte in Angriff zu nehmen. Das Ergebnis sehen wir nun in den Fertigstellungszahlen!“
„Es liegen wirklich viele Vorschläge zur Ankurbelung von Sanierungen und zur Erleichterung von Neubau am Tisch, die bei rascher Umsetzung allen Bauträgern zugutekommen, den gewerblichen, aber auch den kommunalen und gemeinnützigen. Alle profitieren etwa von Erleichterungen bei den Baunormen, auch wenn sie unterschiedliche Zielgruppen bedienen. Gewerbliche Bauträger in Niederösterreich bauen zum Beispiel überwiegend freifinanziertes Eigentum“, erklärt Wild: „Wenn es rasch zu einer bundesweiten Umsetzung von Maßnahmen kommt, bleibt der Immobilienmarkt auch in Niederösterreich stabil. An Rekordjahre werden wir nicht anschließen, aber wir können uns wieder auf ein normales und ausgewogenes Niveau einpendeln. Davon profitieren die Niederösterreicher ebenso wie die Gewerbebetriebe.“
Alexander Bosak erklärt: „Durch die regelmäßigen Updates können sich Bauträger und Entwickler ein Bild von der aktuellen Lage sowie den im Bau befindlichen Wohnhäusern machen und dahingehend ihre eigenen Projekte anpassen. Für die Interessenvertreter ist die Studie ein wichtiges Instrument. Sie können seit Jahren den drohenden Einbruch des Neubaus mit fundierten Zahlen belegen und damit schon vorab entsprechende Rahmenbedingungen auf allen politischen Entscheidungsebenen mit Fakten unterlegt einfordern!“
Einsatz für die Branche an erster Stelle
„Die Studie ist eines von vielen Tools, das wir für eine starke Vertretung der Interessen unserer Mitglieder jedes Jahr beauftragen und einsetzen“, resümiert der FG-Obmann: „Jede Maßnahme, die unsere Arbeit und die Probleme der Betriebe regional und vor Ort sichtbar macht, ist enorm wichtig in der Interessenvertretung.“ Nur faktenbasiert könne man – wie zuletzt auch bei der KIM-Verordnung – Entscheidungsträger überzeugen, ergänzt Wild: „Gleichzeitig setze ich aber auch auf Information und Serviceleistung für unsere Mitgliedsbetriebe direkt. Wir können nicht warten, bis Krisen vorübergehen, sondern müssen unsere Betriebe mit Weiterbildung und Information für ihren täglichen Leistungseinsatz stärken.“
Gewerbliche Immobilienwirtschaft wesentliche Stütze für Wohnungsversorgung in NÖ
„Mit 45 Prozent der Gesamtwohnbauleistung in Niederösterreich inklusive Sanierungen auf Neubauniveau leisten wir mit unseren Unternehmen nicht nur einen enorm wichtigen Beitrag zur Lebensqualität in Niederösterreich“, so Wild: „Ohne die enorme Rekordbauleistung von uns in den vergangenen Jahren hätten wir bereits heute einen massiven Wohnraummangel.“ Und abschließend: „Auch wenn wir trotz Krisen unser Bestes geben, brauchen wir jetzt Sofortmaßnahmen, um das Niveau an Lebensqualität in Niederösterreich zu erhalten.“ Ein Anstieg der Kaufinteressenten und der Transaktionszahlen sei zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung: „Die Abschaffung der KIM-Verordnung war ein Anfang, aber es braucht mehr für unsere Wirtschaft und für unser Land. Als Interessenvertreter setze ich alles daran.“