Sozial-Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister und Professor Franz Kolland, Leiter des Kompetenzzentrums für Gerontologie und Gesundheitsforschung an der Karl Landsteiner Universität, informierten heute bei einer Pressekonferenz in St. Pölten über die „NÖ Pflege- und Betreuungsstrategie 2025+“. „Die Bevölkerung in Niederösterreich und darüber hinaus wird zunehmend älter. Und wir wissen, dass Menschen, die älter werden, grundsätzlich zu Hause in ihrer vertrauten Umgebung selbstständig alt werden wollen.“
Im Rahmen der NÖ Pflege- und Betreuungsstrategie 2025+ gebe es drei große Schwerpunkte: die Ausbau-Offensive des stationären Bereichs, eine Angebots-Offensive im Bereich der Pflege und Betreuung und eine Digitalisierungs-Offensive. Dass die Menschen älter würden, sei laut der Sozial-Landesrätin ein gutes Zeugnis für die Pflegesituation in Niederösterreich: „61,9 Prozent der Menschen haben wir in der informellen Pflege, sie pflegen sich selbst oder werden zu Hause gepflegt, 18,8 Prozent nutzen Mobile Angebote, 7,9 Prozent haben die 24-Stunden-Betreuung und in der stationären Pflege, also in Pflege- und Betreuungszentren haben wir derzeit 11,4 Prozent der Menschen in Niederösterreich.“ Die Pflegelandschaft in Niederösterreich sei gut aufgestellt.
Der Bedarf an Pflege würde in Niederösterreich zunehmen. „In welcher Bandbreite sich der Betreuungsbedarf in Niederösterreich entwickeln wird, hängt von den gesetzten Maßnahmen ab“, erklärte Teschl-Hofmeister. Der Personenkreis derer, die Pflegegeld in Niederösterreich beziehen, wird um 15 bis 34 Prozent bis 2035 steigen. Der Bedarf an stationären Betten wird bis 2035 um 24 bis 44 Prozent steigen, der Bedarf bei der 24-Stunden-Betreuung wird zwischen 29 und 51 Prozent steigen und die mobile Pflege wird laut dem jüngsten Almanach bis 2035 zwischen 18 und 39 Prozent zunehmen. Ein zentraler Punkt sei das Thema Personal: „Die Personaloffensive ist voll angelaufen“, so Teschl-Hofmeister. Mit den „Sieben Wegen in die Pflege“ habe man alle Arten von Ausbildungen für die Pflege gefunden, „vom Schulbereich bis zum 2. Ausbildungsweg stehe in jeder Region des Landes ein wohnortnahes Bildungsangebot zur Verfügung.“
Auch die Ausbau-Offensive des stationären Bereichs sei voll im Gang, der Ausbau der Pflegeheime um 300 Millionen Euro sei beschlossen, sagte die Sozial-Landesrätin: „300 Plätze sind bereits entstanden, mehrere hundert sind aktuell entweder in Planung oder Bau und weitere Projekte stehen in den Startlöchern.“ In der gestrigen Regierungssitzung sei die Investförderung zur Errichtung von Pflegeplätzen von 80.000 Euro auf 120.000 Euro pro Platz erhöht worden, bei Sanierungen pro Platz von 40.000 auf 80.000 Euro. Die Tagespflege würde ebenso ausgebaut, um die pflegenden Angehörigen zu unterstützen: „Der Tagsatz wurde um 37 Prozent erhöht, 2023 sind circa 600 Personen mit 29.000 Pflegstagen auf diese Art betreut worden“, ergänzte Teschl-Hofmeister.
Pilotprojekt Seniorenwohnen startet 2025
Gänzlich neu sei das Seniorenwohnen, das 2025 mit fünf Pilotprojekten starte, so die Sozial-Landesrätin: „Sie sind betreutes Wohnen, aber wesentlich intensiver als die bisher bekannte Form. Es geht um verdichtete Unterstützung und Begleitung von älteren Menschen durch Heimhilfen, soziale Alltagsbegleitung und Fachsozialbetreuung. Das ist eine Vorstufe zur institutionellen Betreuung.“
Den 2023 ins Leben gerufene Pflege- und Betreuungsscheck haben 2024 knapp 25.000 Landsleute in Anspruch genommen, stolz sei man auf den Ausbau der „Sozialen Alltagsbegleitung“, ergänzte Teschl-Hofmeister: „Die Soziale Alltagsbegleitung ist aus der NÖ Pflegelandschaft mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Im Vorjahr hatten wir einen Rekordwert mit über 120.000 Stunden, die Soziale Alltagsbegleiter in Niederösterreich geleistet haben.“ Hier wurde die Ausbildungsförderung von 1.050 auf 1.500 Euro angehoben. Wichtig seien auch die Mobilen Dienste und die Community Nursings mit 25 Projekten.
Einen weiteren Schwerpunkt setze man auf die Digitalisierung, berichtete die Sozial-Landesrätin: „Es gibt Digitalisierungsprojekte, die dafür sorgen, dass die Menschen wieder mehr auf den Kern ihrer Arbeit zurückkommen können, nämlich Pflege und Betreuung. Geplant ist außerdem die Einführung eines NÖ Innovationsfonds zur Digitalisierung ab dem kommenden Jahr.“
Franz Kolland forderte zum Altersalmanach die Menschen auf, mehr auf sich zu achten: „Die neuesten Daten zeigen gewisse ungünstige Entwicklungen. Das hat damit zu tun, dass wir zu wenig für unsere Gesundheit tun. Beispielsweise lassen sich die Babyboomer bei Ernährung und Bewegung zurückfallen und gehen nicht zur Gesundenuntersuchung.“ Der Pflegescheck würde laut einer Befragung wirklich dafür angewendet, wofür er gedacht ist. Das Seniorenwohnen sei eine wichtige und richtige Initiative: „Seniorenwohnen ist ein erfolgsversprechendes Instrument, es ist zwischen dem zu Hause und der Pflege eingesetzt und deckt sich mit den Wünschen und Bedürfnisessen der älteren Generation im Bundesland.“
Seniorenwohnen in Maria Anzbach
Das Pilotprojekt „Seniorenwohnen“ startet ab Jänner 2025 im Haus St. Louise in Maria Anzbach. Unter dem Dach der Courage Gruppe gestaltet die Barmherzige Schwestern Pflege & Wohnen neue Wohnformen, die das bisherige Angebot von mobiler Heimpflege und Langzeitpflege sinnvoll ergänzen. „Ich bin überzeugt, dass das neue Konzept für ‚Seniorenwohnen‘ ein guter Weg für die Zukunft der Pflege und Betreuung ist. Die Niederösterreichische Landesregierung hat mit diesem Pilotprojekt initiativ einen wichtigen Schritt gesetzt und wir freuen uns sehr, ‚Seniorenwohnen‘ gemeinsam zu ermöglichen“, meint Jana Bockholdt, Geschäftsführerin der Barmherzige Schwestern Pflege & Wohnen.