Dienstag, 19. November 2024

Verlässlich, kompetent, unkompliziert…

Julian Wagner gewinnt die Rallye Weiz

In einem unfassbaren Sekundenkrimi setzte sich der Oberösterreicher Julian Wagner gegen Hermann Neubauer durch und feierte so seinen ersten Sieg bei der Rallye Weiz 2019 – Mehr als 30.000 Zuschauer sahen eine tolle Premiere als Europameisterschaftslauf der FIA

Wir sind EM! So hieß diesmal die Überschrift für diesen Rallyeklassiker, der in der steirischen Bezirkshauptstadt Weiz zur Durchführung gelangte. Veranstalter war wieder der Rallye Club Steiermark mit seinem gesamten Funktionärsstab.

In einem turbulenten ersten Tag sorgte Dreifachsieger Hermann Neubauer vorerst für relativ klare Verhältnisse. Mit fünf SP-Bestzeiten auf den ersten sechs Prüfungen baute der Ex-Staatsmeister im Ford Fiesta R5 bis zum späten Abend einen Polster von 17,2 Sekunden zwischen sich und seinem schärfsten Verfolger, dem in der aktuellen Meisterschaft führenden Julian Wagner (Skoda Fabia R5) auf und ging mit diesem in die „Halbzeit“-Pause. Dass der erste Arbeitstag in Weiz etwas länger dauerte, lag leider auch an zwei Unfällen, die jeweils einen Hubschrauber-Einsatz nach sich zogen.

Gleich mit einer Schrecksekunde begann für den Dominator aus Salzburg jedoch der zweite Tag. Genaugenommen waren es ja 18 Schrecksekunden, denn so viel Zeit kostete ihn eine Unachtsamkeit gleich in der Früh auf der Sonderprüfung Thannhausen I. Hermann Neubauer ritt kurz aus, touchierte einen Strohballen, wurde zurück auf die Strecke, jedoch dort gegen einen Zaun geschleudert und konnte sein Auto nur mit Glück und Können wieder unter Kontrolle bringen. Ein Präsent, das Verfolger Julian Wagner im Skoda Fabia R5 dankbar annahm. Er kam fehlerfrei durch den Wertungsabschnitt und machte so seinen Rückstand vom Vortag nahezu gänzlich wett. Und als der Oberösterreicher auch noch die nächste Prüfung am Gollersattel knapp für sich entschied, war damit sogar der überraschende Führungswechsel vollzogen, wenngleich dieser nur 2,5 Sekunden an Vorsprung ausmachte. Zu wenig, wie sich zeigte. Denn schon eine Prüfung später schlug Neubauer zurück, absolvierte Thannhausen II um 3,3 Sekunden schneller als Wagner und übernahm mit 0,8 Sekunden Guthaben seinerseits wieder die Spitze. Ein Zehntelsekundenkrimi, der Zehntausende Fans an den Strecken von ihren nicht vorhandenen Sesseln riss, war spätestens jetzt eröffnet. Doch dem war noch nicht genug: SP 10 Gollersattel II: Nach den 12,7 Kilometern lagen zwischen Sieger Neubauer und dem Zweitem Wagner nur 1,2 Sekunden. Womit Neubauer mit lediglich zwei Sekunden Vorsprung in die Mittagspause ging und die Fahrer und Fans nicht nur von den Temperaturen her ein brennend heißer Nachmittag erwartete.

Gleich vorweg: Kein einziger wurde enttäuscht, denn der Wahnsinn ging weiter. SP 11 ging wieder an den Verfolger. Den Rundkurs in Naas bewältigte Julian Wagner um 2,4 Sekunden flinker als Hermann Neubauer, und schon war der insgesamt vierte Wechsel an der Spitze Realität – Differenz zwischen Wagner und Neubauer 0,4 Sekunden! Und der Jungspund aus Mauthausen legte gleich nach, holte sich auch die Prüfung Fladnitz, diesmal mit 1,3 Sekunden Vorsprung. Bevor also der Naaser Rundkurs und Fladnitz als Rallye-Abschluss noch einmal auf dem Programm standen, hatte Julian Wagner seinen zwei-Sekunden-Rückstand von zu Mittag in einen Zwei-Sekunden-Vorteil verwandelt. Der sogar noch größer wurde, als Wagner auch die vorletzte Übung besser meisterte als Neubauer. Vor der allerletzten Sonderprüfung, 9,5 Kilometer in Fladnitz, wo es auch noch um die Powerstage-Zusatzpunkte für die ersten Drei ging, waren die Nerven der nationalen Weizer Hauptdarsteller 2019 zum Zerreißen gespannt – 3,5 Sekunden musste Neubauer auf Wagner aufholen, um hier seinen vierten Sieg feiern zu können . . . aber dieser Jubel blieb ihm verwehrt. Das volle Risiko, zu dem ihn ein entfesselter Julian Wagner zwang, wurde nicht belohnt. Hermann Neubauer rutschte kurz ins Out und kam um 13,2 Sekunden später ins Ziel als Julian Wagner, und dieser wiederum beende nicht nur eine Siegesserie, sondern einen in allen Belangen historischen Sekundenkrimi in der Geschichte der elfjährigen Rallye Weiz..

Als sicherer Dritter hat sich abseits der beiden Hauptdarsteller der Steirer Günther Knobloch (Skoda Fabia R5) etabliert. Dieser stand nach einem zunächst harten Kampf mit Rok Turk, der schließlich mit einem wilden Abflug des Slowenen endete, eigentlich nie in Frage. Knobloch genügte eine abgeklärte Leistung, um den dritten Podestplatz in seinem vierten Lauf souverän abzusichern.

Sieger Julian Wagner: „Ich bin wirklich überglücklich, dass es mir hier bei Hermanns Lieblingsrallye gelungen ist, vor ihm zu sein. Das war ein rundum perfektes Wochenende. Ich habe gestern mit einem gröberen Fehler angefangen, aber heute ist es einfach super gelaufen. Mein Teamchef Raimund Baumschlager hat mich großartig mit Tipps versorgt, und ich habe echt wieder viel gelernt. Im Trockenen sind wir wirklich schon gut bei der Musik dabei, im Nassen hab‘ ich noch zu viel Respekt. Es freut mich, dass es nicht nur für uns hier superspannend war, sondern auch für das großartige Publikum.“

Zweiter Hermann Neubauer: „Ich gratuliere Julian zu seiner sehr guten Leistung. Offensichtlich hat er weniger Fehler gemacht als ich. Aber ich habe mir zwei schwere Fehler erlaubt, die man sich einfach nicht leisten kann, wenn man gewinnen will. Heute in der Früh und jetzt auf der letzten SP, als ich wegen einem Zuschauer gegengelenkt habe und dadurch rausgerutscht bin. Aber das soll keine Ausrede sein. Julian ist wie gesagt super gefahren, und ich glaube, dass ich auf der letzten Prüfung die dreieinhalb Sekunden, die ich gebraucht hätte, sowieso nicht aufgeholt hätte.“

Dritter Günther Knobloch: „Ich bin super happy mit dem dritten Platz. Vor allem deshalb, weil wir gesehen haben, dass wir von den Zeiten her wieder näher an die Spitze heran und von hinten weiter weggekommen sind. Wir sind erst seit vier Rallyes dabei und das ist unser dritter Podestplatz, das liegt weit über unseren Erwartungen. Daran, das Tempo der beiden Spitzenleute mitzugehen, habe ich kein einziges Mal gedacht. Man muss schon sagen, dass Julian hier eine fantastische Leistung abgeliefert hat. Er und Hermann sind da schon noch eine Stufe über uns.“

In der 2WD-Wertung gewann Hermann Gassner (Toyota). Weil er als Deutscher in der ORM nicht punkteberechtigt ist, gehen die Punkte für den Sieger aber an den zweitpatzierten Roland Stengg (Opel Adam R2).

In der ORM Junior:gewann Roland Stengg (Opel Adam R2) vor dem Ungarn Martin Laszlo (Ung/Peugeot 208) und Michael Röck (Opel Adam R2).

Punktestände nach fünf Rallye-Staatsmeisterschaftsläufen:

ORM: 1. Julian Wagner 117, 2. Hermann Neubauer 101, 3. Johannes Keferböck 56, 4. Günther Knobloch 48.

ORM 2-WD: 1. Enrico Windisch 66, 2. Alois Handler 58, 3. Michael Röck 51.

ORM Junior: 1. Martin Laszlo 61, 2. Michael Röck 58, 3. Martin Ritt 42.

Nächster Staatsmeisterschaftslauf: 27./28. 9., NÖ-Rallye in Melk

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